Überholverbot verbietet auch die Fortsetzung des Überholvorgangs

Im Rahmen einer Rechtsbeschwerde gegen ein Urteil des Amtsgerichts Unna musste das OLG Hamm zu einem Verstoß gegen das Überholverbot Stellung beziehen. Der Betroffene hatte nach seinen Angaben den Überholvorgang vor Passieren des Überholverbotsschild begonnen. Er beendete den Überholvorgang nicht sondern passierte mehrere Fahrzeuge bevor er wieder einscherte. Ihm wurde ein Bußgeld in Höhe von 70,00 € auferlegt.

Der Betroffene war der Ansicht, dass er den Überholvorgang, auch zum Schutz des anderen Verkehrs, fortsetzen und nicht wieder einscheren musste.

Das OLG Hamm sah dies anders. Das Überholverbot gilt auch bei bereits begonnen Überholvorgängen. Nötigenfalls muss die Geschwindigkeit verringert werden, um sich zurückfallen zu lassen und hinter dem anderen Fahrzeug einzuscheren.

Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 07.10.2014, Az.: 1 RBs 162/14

Inwiefern solch ein Verhalten gefahrlos ist oder eine größere Gefährdung des Straßenverkehrs herbeiführt, wurde durch das Gericht nicht beurteilt. Ich kann mir jedoch vorstellen, dass besonders beim Überholen von mehreren langsam fahrenden Fahrzeugen erhebliche Gefährdungsituationen entstehen, wenn Überholende plötzlich wieder zwischen andere Fahrzeuge nach rechts einscheren müssen. Im Zweifel sollte hier auf jeden Fall ein Bußgeldbescheid angegriffen werden.

 

Hobbyrennfahrer aufgepasst!

Das OLG Karlsruhe hat Mitte April entschieden, dass die Ausschlussklausel in den Versicherungsbedingungen zur Vollkaskoversicherung bezüglich Rennveranstaltungen wirksam sind.

Kommt es im Rahmen von Fahrten auf einer Rennstrecke zu einem Unfall und erleidet das versicherte Fahrzeug einen Eigenschaden, ist dieser nicht über die Vollkaskoversicherung abgedeckt. Insbesondere stelle die Ausschlussklausel keine intransparente und überraschende Klausel dar.

Im vorliegenden Fall blieb die Klägerin, eine Versicherungsmakleragentur, auf den Kosten für den teilweise zerlegten Porsche 911 GT3 in Höhe von ca. 20.000 € sitzen.

Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil vom 15.04.2014 – 12 U 149/13

Schade, um das schöne Auto…

Wer das Risiko kennt und es dennoch eingehen möchte, dem sei viel Spaß gewünscht!

Alleinschuld beim Kettenunfall?

Der Auffahrende trägt nicht immer die Alleinschuld!

Der Anscheinsbeweis im Verkehrsrecht ist ein starker Partner des Unfallgeschädigten, wenn ein anderer Unfallbeteiligter von hinten auffährt. Bis auf einzelne Geschehensabläufe, bei denen entweder kein typischer Ablauf der Ereignisse vorliegt oder beim Geschädigten Vorsatz im Spiel ist, kommt der Anscheinsbeweis beim Auffahrunfall grundsätzlich zur Anwendung.

Das OLG Hamm hat kürzlich entschieden, dass dies bei Kettenunfällen nicht grundsätzlich der Fall sein muss. Zwar spricht auch hier ein Auffahren für die Nichteinhaltung eines ausreichenden Abstandes, einer vorangegangenen Unaufmerksamkeit oder verspätetes Bremsen.

Im zu entscheidenden Fall konnte das Gericht jedoch nicht mit Sicherheit feststellen, dass der vorfahrende Unfallgeschädigte und Kläger endgültig zum Stillstand gekommen war und erst dann durch den letzten Beteiligten, den Beklagten, auf das nächste Fahrzeug aufgeschoben wurde. Da also nicht feststeht, dass der Kläger bereits stand, als es zur Kollision kam, könnte er selber bereits vorher auf den Vorfahrenden aufgefahren sein und somit den erlittenen Frontschaden eigenständig verursacht haben. Des Weiteren könnte der durch das Auffahren des Klägers auf den Vorfahrenden abrupt verkürzte Abstand zwischen den Fahrzeugen der Prozessparteien, für den Beklagten zu einer unzumutbaren Verkürzung des Anhaltewegs geführt haben

Der Anscheinsbeweis greift vorliegend nicht, da kein typischer Geschehensablauf vorliegt.

Das OLG Hamm entschied, dass die Haftung hier zu teilen ist. Der Beklagte haftet damit nur zu 50% für den Schaden am Heck des klägerischen Fahrzeuges.

(OLG Hamm, Urteil vom 06.02.2014, Az.: 6 U 101/13)

Führerschein in Gefahr – Was tun?

Ihnen droht eine Strafe wegen zu schnellen Fahrens? Dann sollten Sie unbedingt folgende Punkte beachten.

Schweigen Sie! Hier gilt Reden ist Silber, Schweigen ist Gold!

Wenn Ihnen ein Verstoß zur Last gelegt wird – entweder noch vor Ort oder durch einen übersandten Anhörungsbogen – äußern Sie sich in keinem Fall zu den Vorwürfen.

Geben Sie Ihre Personalien an bzw. händigen Sie Ihren Ausweis, den Führerschein sowie den Fahrzeugschein aus. Machen Sie keinesfalls Bemerkungen wie z.B. „Ich hatte es eilig“, „Ich habe nur einen kleinen Moment nicht aufgepasst“, „Ich war abgelenkt“.

Sollte Ihnen der Anhörungsbogen übersandt worden sein, geben Sie keinerlei Einlassung ab, vor allem erteilen Sie keine Information über die fahrende Person. Egal, um wen es sich handelt!

Holen Sie sich bei Ihrem Rechtsanwalt Rat und vereinbaren Sie bestenfalls einen Besprechungstermin, um die gemeinsame Strategie auszuarbeiten.

Wenn die Behörde trotz allem einen Bußgeldbescheid erlässt, gibt es verschiedene Ansätze, gegen diesen vorzugehen.

 

1. Verjährung

Erster Prüfungspunkt sollte die Verjährung sein.

Ab dem Zeitpunkt des Verstoßes beträgt die Verjährungsfrist 3 Monate. Die Frist wird unterbrochen und beginnt erneut zu laufen mit der Anhörung.

ABER:
Oft werden von den Behörden die Anhörungen die durch die Polizei unmittelbar nach dem Verstoß erfolgen, übersehen. Diese hemmen die Verjährung und lassen Sie erneut zu laufen beginnen.

Die Verjährungsunterbrechung darf jedoch nur ein einziges Mal erfolgen. Übersendet die Behörde also einige Zeit nach dem Verstoß und der dort erfolgten Anhörung abermals einen Anhörungsbogen, unterbricht dieser die Verjährung nicht und es kann durchaus sein, dass vor Erlass des Bußgeldbescheides die 3 Monate Verjährungsfrist abgelaufen sind.

2. Beweisfoto

Die Behörde muss den Fahrzeugführer eindeutig identifizieren.

Was viele nicht wissen: Die Behörde ist durchaus berechtigt alle möglichen Quellen für eine Abgleichung des Fotos zu nutzen. Auch sämtliche soziale Netzwerke gehören dazu. An dieser Stelle sei daher an die Privatsphäre-Einstellungen erinnert.

Ergeben sich aus der Internetrecherche noch keine ausreichenden Anhaltspunkte, folgt in der Regel ein netter Hausbesuch durch die Ermittlungspersonen. Dabei handelt es sich in der Regel um Polizeibeamte. Erinnern Sie sich daran, dass Sie keinerlei Aussage machen sollten.

In Zweifelsfällen muss im gerichtlichen Verfahren ein Gutachten erstellt werden. Da die Fotos oftmals von eher geringer Qualität sind, ist es dem Sachverständigen nicht immer möglich alle notwendigen biometrischen Merkmale auf den Bilder zu identifizieren.

In etlichen Fällen befinden sich eine Hand oder eine heruntergeklappte Sonnenblende vor dem Gesicht. Ebenfalls können große Sonnenbrillen Teile des Gesichtes verdecken.

Kann auch durch den Sachverständigen keine eindeutige Identifizierung des Fahrers erfolgen, muss das Verfahren eingestellt werden und dem Geblitzten drohen weder Bußgeld noch Punkte.

3. Fehler bei der Messung

In vielen Fällen lässt sich der Fahrzeugführer anhand der Fotos gut identifizieren. Das bedeutet jedoch nicht, dass sich keine Angriffsmöglichkeiten mehr bieten.

Oftmals weisen die Blitzvorgänge Messfehler auf und die erzielten Ergebnisse sind angreifbar.

Neben fehlenden Nachweisen der Messbeamten über absolvierte technische Lehrgänge, kann auch die Verweigerung der Hersteller entsprechende Angaben über die Blitzanlagen gegenüber Sachverständigen zu tätigen, zu einer Unverwertbarkeit der Messergebnisse führen.

Fehlen Unterlagen zur erfolgten Eichung des Messgerätes ist ebenfalls ein Angreifen des Bußgeldbescheides erfolgsversprechend.

BGH lehnt faktische Helmpflicht ab!

Tragen Fahrradfahrer keinen Helm, drohen ihnen bei Verletzungen in der Regel keine Kürzungen ihrer Ansprüche durch ein Mitverschulden.

Der Entscheidung liegt ein Unfall einer Fahrradfahrerin zu Grunde, die mit einer geöffneten Autotür kollidierte. Sie zog sich schwere Verletzungen insbesondere im Bereich des Kopfes zu.

Die gegnerische Versicherung wollte ein MItverschulden erkannt haben, da die Verletzte nicht alles notwendige zum Schutze Ihrer Gesundheit vorgenommen habe. Ein Fahrradhelm hätte nachweislich die Verletzungen vermindert.

Der BGH hat dieser Ansicht eine Absage erteilt. Mangels einer Helmtragepflicht komme dies nicht in Frage. Zudem trügen nur ca. 11 % der Radfahrer einen Helm, sodass auch nicht von einem gesellschaftlichem Standard ausgegangen werden kann.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 17.06.2014 – VI ZR 281/13

Selbstverständlich sei jedem geraten trotzdem einen Helm aufzusetzen, um schwerwiegende Verletzungen zu vermeiden!


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